Zweiwege-Standbox SB36 für mehr Bassdruck
Die Zweiwegebox SB 18 ist bereits Legende und bereits "remastered" erhältlich. Was fehlt, ist vergleichbarer Wohlklang mit noch mehr Bass für größere Räume und schwärzere Musik. Wer ohnehin die Stellfläche hat, für den bietet sich die SB 36 mit den gleichen Lautsprecherchassis bei doppelter Bassbestückung in einer Standbox an, von der wir gleich zwei unterschiedlich aufgebaute Varianten zeigen.Entwicklung
Die Durchzeichnung der SB Acoustics-Chassis beeindruckt gerade durch ihr gelungenes Zusammenspiel in der SB 18. Und doch hat der ein oder andere Leser einen etwas größeren Hörraum mit ordentlichem Platz für ein Paar Standboxen, so dass die vollendete Harmonie noch mit einem Quentchen Bass gewürzt werden darf. Also haben wir die bewährten Gene der SB 18 in ein neues Projekt einfließen lassen: Die Zweiwege-Standbox SB 36.Sie bietet die gleiche Klangperfektion mit noch mehr Bassdruck. Entwicklungsziel war, eine Box zu konstruieren, die dank zusätzlicher Basspower bei jeder Musikrichtung zur Höchstform aufläuft.
Gehäuse
Auch wenn oft genug betont wird, dass die größte Box oft die bessere ist, so sind der Stellfläche in realen Wohnzimmern meist enge Grenzen gesetzt, oft von der (Ehe-)Frau. So haben wir uns für ein schlankes Doppelbasssystem entschieden, das theoretisch eine einfache Lösung unseres Problems "mehr Basswiedergabe gewünscht" bietet. Damit dies in der Praxis auch aufgeht, sind bei Doppelbass-Systemen einige Faktoren zu beachten:Ein oder zwei Gehäusekammern?
Muss jeder Bass im eigenen Volumen spielen, damit er auf ein exakt definiertes Volumen arbeitet? Trotz minimaler messbarer Unterschiede haben wir uns für eine gemeinsame Behausung mit einem gemeinsamen Bassreflexrohr entschieden und dieses für die größtmögliche Flexibilität bei der Aufstellung auf der Frontseite angeordnet - einmal als Rohr und im zweiten Gehäusebeispiel als Kanal.
An dieser Stelle können wir gleich ein Vorurteil bzw. eine oft enttäuschte Hoffnung bezüglich solcher Doppelbass-Systeme aufklären: Das zweite Basschassis führt auch im verdoppelten Gehäusevolumen keineswegs zu einem tieferen Bass, auch wenn dies im direkten Vergleich oft so empfunden wird: Die größere Membranfläche bewegt mehr Luft, die dann als stärkere Druckwelle den Zuhörer erreicht und somit auch als druckvoller wahrgenommen wird. Die Kürzel SB 18 und SB 36 bezeichnen übrigens das Innenvolumen der beiden Boxen in Litern, also im Falle der SB 18 nicht etwa den Chassisdurchmesser.
Was ist die beste Chassisanordnung?
Besonders beliebt ist in der Lautsprecher-Selbstbauszene die sogenannte D'Appolito-Anordnung zweier Tief(mittel)töner jeweils über und unter dem Hochtöner mit einer speziellen Freqenzweiche. Das Ergebnis zweier parallel laufender Mitteltöner mit einem Tweeter in der Mitte simmuliert eine Punktschallquelle mit exzellenter Raumabbildung, für die auch Breitbandlautsprecher gerühmt werden. Da diese Punktschallquelle auf Ohrhöhe liegen muss, wird eine solche Box allerdings recht hoch, andernfalls ergeben sich durch die unterschiedlichen Laufzeiten wellige Frequenzgänge und klangliche Verfärbungen. Deshalb haben wir uns für die Platzierung der zwei Tieftöner unter dem Hochtöner entschieden und entlasten den unteren vom Mitteltonsignal, um Interferenzen zu vermeiden. Diese Schaltung wird oft auch als Zweieinhalb-Wege-Box bezeichnet. Vorteil: Über die Auskoppelfrequenz des unteren Tieftöners kann der Tiefmitteltonbereich klangabgestimmt werden, doch dazu später.Holzliste in 19 mm MDF | für ein Gehäuse: |
Front/ Rückwand/ Seiten | 4 Platten 95,0 x 22,0 |
Deckel/ Boden | 2 Platten 18,2 x 22,0 |
Frästiefen: | |
Bassmitteltöner | 6 mm |
Hochtöner | 3mm |
Bassreflexrohr: | IT BR70/HP ungekürzt |
Beim Gehäusebau folgen wir gerne der Bauhaus-Devise "Form Follows Function", zusätzliche Schnörkel kann jeder gerne selbst einbauen. Vier identische Bretter pro Box als Front, Seiten und Rückwand, sowie zwei dazu passende Deckel und Böden bilden die Grundlage der Konstruktion. Aufgrund der schlanken Bauweise konnten wir sogar auf Innenverstrebungen verzichten. Wie es schöner (und deutlich aufwändiger) funktioniert, zeigt die Alternative mit nach hinten abgerundetem Gehäuse und untenliegendem Bassreflexkanal. Leider haben wir von dieser aufwändigen Holzarbeit keine Fotos, sondern nur von dem Aufbau der Standardversion.
Das Verkleben von sechs Holzbrettern mittels Fugenleim dürfte für viele Leser bereits Routine sein. Dennoch zur Verdeutlichung die Reihenfolge:
Eine Seite dient als Aufbau-Grundlage und dort werden die Frontplatte, die Rückseite und die beiden Böden aufgeleimt, die zweite Seite wird als Deckel zum Schluss aufgesetzt.
Achtung: Frisch austretender Leim wird direkt mit einem nassen Lappen abgewischt, das erleichtert das spätere Schleifen des Gehäuses, denn Klebereste verhindern später beim Lackieren eine gleichmäßige Oberfläche.
Der Leim wird grundsätzlich auf der Schnittkante aufgetragen und die einzelnen Bretter bündig ausgerichtet, in diesem Fall haben wir sie mit einer zusätzlich eingefrästen Schattenfuge von den angrenzenden Platten abgesetzt.
Für diese Arbeit haben wir vor Jahren einen Bündigfräser mit dreieckigem Grad angeschafft, der im Artikel zur FirstTime 10 in Ausgabe Februar 2009 in Aktion zu sehen ist. Auch das Ausfräsen der Chassisausschnitte ist dort bebildert, so ersparen wir uns an dieser Stelle ausführliche Erklärungen. Das Einfräsen der Chassis ist kein Muss, macht sich aber optisch und klanglich ganz gut.
Mit unserer bewährten Wagner W 660 spritzten wir ohne Grundierung drei Langen Acryl-PU-Klarlack von Hornbach auf das nackte Holz, einen Zwischenschliff mit 240er Schleifschwamm machten wir per Hand. In Anbetracht dieses geringen Aufwandes sieht das Endergebnis überraschend hochwertig aus.
Chassis
Als Tieftöner kommt der in der SB 18 bewährte SB17NRXC35-8 gleich in doppelter Ausführung zum Einsatz Auch wenn der Tiefmitteltöner nun in einem durchgehend neutralen Schwarz erscheint, also ohne die grauen Flecken des Vorgängermodells, so sind die Parameter des Chassis dennoch im Rahmen normaler Toleranzen gleich bzw. praktisch identisch geblieben.
Als Hochtöner kommt einmal mehr der unglaublich preiswerte und für beste Detailtreue ferrofluidfreie SB26STC-C4 zum Einsatz, der so manch doppelt so teures Chassis in seinen Klangeigenschaften
Weiche
Abgesehen von einer starken Welligkeit oberhalb 900 Hz sieht der Frequenzgang der beiden parallel geschalteten SB 17 Mitteltieftöner ganz ordentlich aus. Diese sind allerdings nur das Resultat der bereits oben angesprochenen Laufzeitunterschiede der Schallwellen von den beiden Tieftönern zum Mikrofon. Sue verschwinden sofort, wenn der untere Woofer mittels einer großen Spule vor der Mitteltonwiedergabe bewahrt wird.Während wir bei der ersten SB 18 noch weitgehend den Schaltungsvorschlägen von SB Acoustics gefolgt sind, ließen wir unserer Kreativität bei der SB 36 freien Lauf und ergänzten für den oberem Tiefmitteltöner einen Tiefpassfilter (der tiefe und mittlere Frequenzen durchlässt, es ist ja kein Tiefbassfiler). Dieses besteht aus einer Corobar-Spule mit übergelegtem Audyn MKP-Q4-Kondensator, der die Spitzen oberhalb von 3,5 kHz absenkt und dahinter aus einem glatten Elko parallel zum (oberen) Tiefmitteltöner.
Auch der kleine Hochtöner benötigt die gleiche Anzahl an Bauteilen wie die beiden großen Tiefmitteltöner. Sein Pegel wird mit zwei Mox-4-Widerständen als Spannungsteiler abgesenkt und mittels Kondensator und kleiner Luftspule vor zu tiefen Frequenzen mit einer Flankensteilheit von 12 dB/ Oktave unterhalb von 2,8 kHz geschützt. Der Summenfrequenzgang hat bei 3 kHz eine kleine Delle, die wir nicht der Frequenzweiche, sondern der schmalen Schallwand zu verdanken haben, da die rundum abgestrahlten Hochtonsignale in diesem Bereich nicht mehr reflektiert werden.
Abstimmung
Die perfekte Abstimmung der Frequenzweiche lässt sich in der Addition beider Amplituden jeweils unter 0, 30 und 60 Grad ablesen: In der Summe sind alle Senken und Überhöhungen nahezu ausgeglichen. Zur Veranschaulichung der Schaltung haben wir die Bauteile einmal auf den Weichenplan gelegt und sie dann erst auf der speziellen Bausatzleiterplatte geklebt und verlötet. Das ist eine saubere Sache.Auch wenn die Frequenzweiche völlig neu konstruiert wurde, so hatten wir bei der Abstimmung dennoch im Ohr, die guten Eigenschaften der SB 18 zu bewahren. Mit der Dimensionierung der vor den unteren Tieftöner geschalteten Spule kann der Grundtonbereich "eingestellt" werden, so dass die (Männer-) Stimmwiedergabe bei größere Spule dünner und bei kleinerer Spule fülliger ausfällt. Wer diesen Effekt testen möchte, kann einfach die vorhandene Spule einmal testweise etwas abwickeln oder sie für eine andere Klangabstimmung gleich größer kaufen und dann per Hand passend dimensionieren. Doch Vorsicht: Spulen sind zwar ziemlich robust, dennoch kann sich die Wicklung bei falscher Handhabung lösen und die Spule damit unbrauchbar machen. Bei Kondensatoren und Widerständen gilt es, beim Experimentieren keine Zufuhrdrähte abzubrechen.
Unsere Weiche hat eine für einige Leser wichtige Besonderheit aufzuweisen: Drei zusätzliche, nicht trennungsrelevante Bauteile dienen als Impedanzkorrektur für den Betrieb dieser Lautsprecher an Röhrenverstärkern, die sehr unwirsch auf einen ungeraden Impedanzgang reagieren. Diese können bei flexibel, auch später noch, hinzugeschaltet werden.
Der Bedarf an Dämmstoff ist bei dieser Bauanleitung mit fünf Beuteln Sonofil vergleichsweise hoch. Wie es am Besten unterzubringen ist, zeigt der separate Dämmplan.
Hörsession
Die Hörsession brachte es sofort zu Tage: Eigentlich könnten wir die Klangbeschreibung der SB 18 kurzerhand in diese Bauanleitung kopieren und mit den Vermerk "noch etwas druckvoller" versehen.Das beschreibt jedoch nicht die ganze Wahrheit. Auch wenn in erster Linie erst einmal nur die Basswiedergabe an Fundament gewinnt, so wirkt dadurch allerdings die ganze SB 36 eine gehörige Portion "erwachsener" als die kleine SB 18.
Als hervorragend an die doppelte Basskonstruktion angepasst erwies sich im Klangtest der Höchtöner. Ruhig und unaufdringlich trug er selbstvergessen seinen Teil zu einer großartigen Gesamtdarbietung bei.
So findet die hervorragende SB 18 nun ihre Grenzen im Vergleich zur größeren Schwester SB 36, die bei gleich guten Eigenschaften im Mittelhochtonbereich ein zusätzliches Plus an Fundament zur Verfügung stellt, um auch größere Räume druckvoller und (scheinbar) mit mehr Tiefgang bei jeder Musikrichtung zu beschallen, ohne jemals die Übersicht im Bassbereich zu verlieren.
So verrät die schlanke Standbox deutlich, dass Leonard Cohen sein berühmtes "Suzanne" vierzig Jahre nach der Studioaufnahme, "Life in London 2008" so sang, als hätte er deutlich an Kontur gewonnen. Moment mal: Hätte? Nun ja, manchmal ermöglich das Abspielen von CDs im Kerpen eindrucksvolle Zeitreisen durch die Musikgeschichte ...
Zweieinhalb Stunden konnten wir uns allein von diesem grandiosen Musiker und seiner lange gereiften Stimme nicht lösen. Entscheiden Sie selbst, ob es nun die Leonard Cohen, oder die SB 36 ist, die jeglichen Musikgenuss so mit Emotionen füllt, dass sich der Zuhörer kaum davon lösen kann.
Fazit
Das Entwicklungsziel wurde vollends erreicht: Die SB 36 ist mehr als eine aufgedoppelte SB 18: Sie wirkt bei gleich guter Detail- und Raumwiedergabe gleichzeitig druckvoller und erwachsener. Sie verliert gegenüber der SB 18 nichts an der sagenhaften Durchzeichnung, die dieser preiswerten Box ihren Ruhm einbrachte.Intertechnik
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