Gradient Axis AX 5 / 6 / 8
--> 15 cm Breitbänder
Axis 5 mit Horn-Reflex-Abstimmung
--> Tiefere Grenzfrequenz im Horn-Reflex mit 18 cm Breitbänder
Axis 6
-->
Noch mehr Tiefgang im Hornreflex mit 22 cm Breitbänder
Axis 8
Breitbandlautsprecher für den mehr oder weniger gesamten Frequenzbereich gehören zu den beliebtesten Lautsprecherchassis auf dem Selbstbaumarkt - insbesondere im Einsteigersegment, denn Do-It-Yourself-Starter schätzen den günstigen Preis und das meist recht einfache Filternetzwerk - auf das bei einem hochwertigen (digitalen) Equalizer sogar ganz verzichtet werden kann, doch der ist meist teuerer, als die paar Bauteile, die zur passiven Entzerrung nötig sind. Die Schattenseite der Breitbänder ist, dass sie selten in eine einfache viereckige Kiste passen, meist ist zumindest ein Bassreflexsystem erforderlich und besser noch ein Basshorn - oder wie hier, eine Kombination aus beidem. Den komplizierteren Aufbau nehmen technisch weniger versierte Einsteiger gerne in Kauf, selbst wenn im innern diverse Brettchen mit Gehrungswinkeln zu versehen sind.
Theoretisch stellt ein Breitbänder sogar das Ideal einer Punktschallquelle dar, deshalb befinden Sie sich als Einsteiger, der seine Lautsprecherboxen mit Breitbändern bestückt, in bester Gesellschaft, denn auch wenn guter Klang mit Mehrwegeboxen oft einfacher zu erreichen ist, haben Breitbandlautsprecher in allen Preisklassen ihre Fangemeinde. Dennoch fristen die Allrounder im normalen HiFi-Geschäft ein Schattendasein, denn im direkten Vergleich zu den oft im Bass und Hochtonbereich überzüchteten Mehrwegeboxen fehlt es subjektiv an Bassdruck und Hochtonbrillanz, denn für tiefe Frequenzen ist ausreichend Membranfläche erforderlich und für hohe Frequenzen eine schnelle, leichte und Membran. Also werden größere Breitbänder meist mit einem Hochtonkegel versehen, dessen genaue Dimensionierung gar nicht so einfach ist.
Doch auch die richtige Wahl der technischen Parameter von der Resonanzfrequenz über das Aquivalenzvolumen, vom Wirkungsgrad bis zur Belastbarkeit, stellen an den Konstrukteur einige Anforderungen. Breitbänder sind nicht einfacher, sondern schwieriger zu entwickeln, als Teilbereichs-Chassis, denn der Entwickler möchte ja möglichst viele positive Eigenschaften für die Abstrahlung aller Frequenzen in einer Package bündeln. So verwundert es nicht, dass im Vergleich zu einem guten Mehrwegesystem einige Kompromisse einzugehen sind - die dennoch im Vergleich zu einem Mehrwegesystem gleicher Preisklasse mehr als vertretbar sind. Der auffälligste Unterschied liegt im Abstrahlverhalten, der Hochtonbereich bündelt doch um einiges stärker als ein Kalottenhochtöner. Dass ein Breitbänder dennoch faszinierend klingen kann, werden Fullrange-Fans gerne bestätigen. Oft klingt die Musik einfach "wie aus einem Guss" - eine Eigenschaft, die mit einem Mehrwegesystem erst einmal erreicht werden muss und dort eine sorgfältige Frequenzweichenentwicklung voraussetzt.
Aufgrund des notwendigen kompromissvermeidenden Entwicklungsansatzes haben Breibänder oft alles andere als klassische Parametersätze - es wäre einfach zu schön, wenn diese Allrounder gleichzeitig Bass-, Mittelton- und Hochtonspezialisten wären. Da Breitbänder selten zu den wirkungsgradschwächsten Chassis gehören, muss man der Basswiedergabe halt mit speziellen Gehäusekonstruktionen auf die Sprünge helfen.
Jedenfalls ist es keine gute Idee, die Thiele-Small-Parameter der Breitbänder einfach in ein Simulationsprogramm einzugeben, denn beispielsweise berechnete dieses für den AX-8 ein riesiges Gehäuse mit 248 Litern Nettovolumen und einem 18 cm durchmessenden Bassreflexrohr mit 16 cm Länge. Moment mal, wir brauchen ein Gehäuse für einen 8-Zöller, nicht für ein 80cm-Chassis! Praxisgerechter fiel die Berechnung auch für die anderen beiden Breitbänder nicht aus.
Gehäuse
Dank Armin Jost brauchten wir die Idee des Reflex-Systems dennoch nicht zu verwerfen, denn als wir die Axis-Serie gerade durchgemessen hatten, erreichte uns seine Mail-Anfrage, ob wir an einem Test der neuen AJHorn-Version 6.0 interessiert seinen. Klar, warum nicht? Dessen Vorgänger hatte uns schon zweimal aus der Patsche geholfen. Wie man dem Namen leicht entnimmt, ist es hervorragend geeignet, Hörner zu berechnen, eine der bevorzugten Behausungen des gemeinen Breitbänders.
Doch es kam noch viel besser: Armin Jost hat es gewagt, auch alle anderen Bauformen als Horn zu verstehen. In seiner ausführlichen Anleitung beschreibt er leicht verständlich, warum das denn so ist und wie man dies in der Software nutzen kann. So weit, so gut, doch unser Problem, das wir gerne loswerden wollten, waren 248 Liter und 18 cm Bassreflexrohr-Durchmesser. Die Eingabemaske der AJHorn-Version 6.0 wirkt alles andere als aufgeräumt, doch das hat seinen Sinn:
Nach Eingabe der betreffenden Parameter zeichnet AJHorn eine Kurve, die ein selbsterklärendes Horn darstellt, bei dem die Parameter an den Stellen platziert sind, an denen sie sich auswirken. Ganz schön durchdacht, denn mit ein wenig Erfahrung lässt sich auf diese Weise recht leicht ein Gehäuse auch abseits gängiger Muster berechnen. Glücklicherweise kann man als Anwender die Daten direkt eingeben, ohne auf etlichen Seiten und Untermenüs Einstellungen und Eingaben vorzunehmen, die man erst mühsam zusammensuchen muss oder die einem gar nicht zur Verfügung stehen. Die Software übernimmt selbst einen Großteil der komplexen Berechnungen anhand weniger Eingaben in die Eingabemaske.
Dass nun auch komplexe Frequenzweichen bzw. Korrekturnetzwerke einkalkuliert werden können, spielt für die Gehäusesimulation zwar keine Rolle, erleichtert aber vielen Anwendern die spätere Abstimmung, da nicht jeder das notwendige Messequipment und die entsprechende Bauteileauswahl für eine mehrfache Anpassung der Abstimmung hat.
Weitere Neuerungen der Version 6 stehen ausführlich auf der Homepage von Armin Jost. Die 120 Euro für AJHorn sind für Boxenbauer gut angelegt: Im Gegensatz zu anderen Programmen liefert die Software nicht nur mit den spezialisierten Messdaten eines einzigen Herstellers verlässliche Ergebnisse, sondern ist recht universell einsetzbar. Wer dennoch Berührungsängste hat, kann sich erst einmal in Ruhe die angebotene Demoversion (mit eingeschränktem Funktionsumfang) zusammen mit dem ebenfalls zum Download angebotenen Handbuch ansehen. Was für die LspCAD-Simulation zutrifft, trifft für ein echtes Basshorn allemal zu: Es wird riesengroß. Also dachten wir uns mit Hilfe des AJHorn-Simulationsprogramms eine Gehäuse-Mischform aus. Schon Heinz Schmitt hatte vor vielen Jahren ein Gebilde mit ungewöhnlichem Reflexkanal entworfen, der mit sehr kleinem Einlass begann und als Zehnfaches endete. Auch Helmut Lengefeld hat diese Bassreflexöffnung früher eingesetzt und Hornkehle genannt, ebenso Hans Deutsch bei seiner früheren Firma ATL.
Dies lies die gewaltigen Abmessungen im Fall des AX-8 auf handliche 78 Liter Nettovolumen in Form einer schlanken Standbox schrumpfen. Den parabolisch öffnenden Kanal bezeichneten wir damals als Hornreflex. In diesem Fall hielten wir uns bei der Dimensionierung an die Ein- und Ausgangsfläche des Resonators und ersetzten den parabolischen Kanal durch eine einfache Schräge. Dass wir AJHorn offenbar nicht nur richtig bedient haben, sondern dieses auch eine korrekte Berechnung geliefert hat, zeigte sich später bei den Messungen des Frequenzverlaufes
So fanden wir Gefallen an der letztendlich sehr einfachen Bedienung von AJHorn-Version 6.0 und dimensionierten für die beiden kleineren Breitbänder AX-5 und AX-6 ähnliche Gehäuse mit 20 bzw. 35 Litern Nettovolumen.
Bauen
Für Selbstbau-Einsteiger haben wir den Aufbau auch hier wieder fotografisch dokumentiert. Bitte klicken Sie für eine größere Ansicht auf das jeweilige Bild, dann ist auch der zugehörige Text lesbar.
Weiter ging es mit der zwischenzeitlich schon getrockneten, geschliffenen und gefrästen AX-6 HR.
Die AX-8 HR benötigt zwei Matten Sonofil, die AX-6 eine und für die kleine AX-5 wird eine Matte auf 50 x 35 cm halbiert.
Erste Neugier
Wer unter den ernsthaften Boxenbauern kennt sie nicht, die bekannteste Anwendung für 20cm-Breitbänder? Hier wird so manchem sofort das "Viech" einfallen, in das von unseren Kunden auch der AX-8 direkt nach Erscheinen und Veröffentlichung der Chassisdaten samt zugehöriger Messergebnisse eingebaut wurde, was uns natürlich sehr freute. Da jedoch die meisten Selbstbauer kein professionelles Messequipment haben und meist auch nur wenige vergleichbare Chassis für Klangvergleiche, war es an uns, den AX-8 als erste in das fast schon legendäre Horn zu packen und vor das Mikrofon zu stellen.
Da traf es sich gut, dass uns ein Kunde ein Paar Viecher mit den dafür best beleumundeten Chassis ohne jede Beschaltung (was bei diesem Chassis grundsätzlich nicht gemacht wird) einfach so in der Abstellkammer herumstehen hatte und uns für ein paar Wochen in den Hörraum stellt. Wo sie selbstverständlich sofort gehört und gemessen wurden. Dem weiteren Vergleich diente die Messung für ein Print-Magazin des mit Sperrkreis ausgestatteten Original-Viechs, so können wir nun wir gleich drei Messungen miteinander vergleichen, wobei der AX-8 auch mit einem Korrekturnetzwerk versehen wurde.
Sehen wir einmal vom Wirkungsgrad ab, kann der AX-8 mehr als nur mithalten: Mit ihm hat der Viech-Besitzer deutlich mehr Grundton und Höhen als mit den beiden Vergleichstypen, die mehr durch ihre leichte Mittenbetonung auffallen. Wer hätte das gedacht?
Zwar kann man Breitbänder prinzipiell auch ohne Korrekturfilter laufen lassen, doch unter HiFi-Gesichtspunkten sollte man nicht unbedingt darauf verzichten. So macht sich auch bei unseren Axis-Breitbändern eine kleine Frequenzgangkorrektur ganz gut. Der bereits im Viech getestete AX-8 zeigte im Hornreflexgehäuse die grüne Schalldruckkurve. Eine Spule davor senkt den Pegel oberhalb 400 Hz prinzipbedingt mit 6 dB/Oct. ab, was ein der Spule parallel geschalteter Widerstand zu hohen Frequenzen hin abfängt und den Pegelverlauf bei korrekter Dimensionierung somit begradigt (rote Kurve).
Verglichen mit der grünen Kurve sieht das schon recht gut aus, doch die drei Zacken zwischen 3 und 5 kHz stechen nicht nur ins Auge, sondern auch ins Ohr, da unser Gehör in diesem Bereich besonders empfindlich auf Amplitudenschwankungen reagiert. Hiergegen hilft ein Saugkreis aus einer Serienschaltung von einem Widerstand, einer Spule und einem Kondensator. So klingt es letztendlich doch angenehmer. Das Ergebnis dieser Klangkur war die blaue Kurve, welche zwar oberhalb von 8 kHz immer noch ordentlich ansteigt, aber nur auf Achse gemessen. Bereits bei einem Messwinkel von 15 Grad ist dies Überhöhung verschwunden. Bei richtiger Aufstellung (etwas stärker angewinkelt) ergibt sich so ein sehr ordentliches Abstrahlverhalten selbst für mehrere Hörplätze, allein kann man die Boxen etwas gerader ausrichten. Die Restwelligkeit im Amplitudenfrequenzgang ist vernachlässigbar, sie wird durch den Hochtonkegel verursacht. Da ist der AX-5 aufgrund seiner kleineren Membran gefälliger, er läuft in der Jazz sogar ohne Korrekturnetzwerk zur Höchstform auf, seine schmalbandige Kerbe bleibt dem Ohr praktisch verborgen.
Messungen AX-5 HR
Messungen AX-6 HR
Messungen AX-8 HR
Deshalb legen Chassisentwickler bei Breitbändern so viel Wert auf die richtige Dimensionierung des Hochtonkegels und auf die Entscheidung, ob eine Staubschutzkalotte oder ein Phase-Plug zum Einsatz kommt. Beides bietet Vor- und Nachteile, so dass letztendlich der beste Kompromiss gefunden werden muss. Bei der Axis-Serie passt alles sehr gut zusammen, was sich beim Klangtest auch bestätigte.
Klang
Den Klangtest begannen wir mit der kleinsten der drei schlanken Standboxen, mit der AX-5 HR, an einem preislich dazu passenden Verstärker. Wie zu erwarten war, bildete sie eine tief gestaffeltes Bühne in unseren Hörraum ab und überzeugte durch eine substanziierte Basswiedergabe, die gar nicht recht zur winzigen Größe des Breitbandchassis passen wollte. Zwar nicht abgrundtief, aber sehr konturiert und sauber.
Stimmen und jede Art von Instrumenten erklangen völlig losgelöst von den Standböxchen, die Begriffe "Lästigkeit" oder "Verfärbung" ließen die Winzlinge zum Glück außen vor. Ungewöhnlich bzw. eine Besonderheit für eine Standbox ist die Möglichkeit, sie wandnah aufzustellen - was ja angesichts ihres wahrscheinlichen Einsatzzweckes im Jugend-, Studenten- oder Arbeitszimmer ein echter Vorteil ist.
Doch auch frei stehend in unseren großen Hörraum fühlte sich die Kleine pudelwohl und erst der direkte Vergleich zur nächst größeren AX-6 HR offenbarte, das es durchaus noch gewaltiger in den Tiefbasskeller geht. Mit ihrer fast doppelten Membranfläche und der fast 15 Hz tieferen Resonanzfrequenz zeigte die mittlere der drei Schwestern der Kleinen, wo es lang geht, wenn man erst einmal groß ist. So gab es von allem, was schon bei der Kleinen in Erstaunen versetzt hat, noch ein wenig mehr dazu: Mehr Tiefgang, mehr Bassdruck sowie einiges an zusätzlicher Pegelfestigkeit, verbunden mit einem entsprechend dynamischen Sound. Es ist eben nicht nur die höhere Belastbarkeit, auch die zwei Dezibel mehr an Wirkungsgrad schlagen hier spürbar durch, gerade bei etwas gehobener "Zimmerlautstärke". Dabei war erstaunlich, wie erwachsen sie zu Werke ging, keine Spur von einem Billig-Breitbänder, auch wenn man die Axis-Serie bei diesem Preis ja wohl so nennen darf. Wieder einmal zeigt sich, dass eine richtig dimensionierte Standbox eben mehr ist, als nur ein Kompaktlautsprecher mit integriertem Standfuß, für die Berechnungsgrundlagen bedanken wir uns hier noch einmal ausdrücklich bei Armin Jost.