Elip Zweiwege-Standbox und -Regalbox mit hohem Wirkungsgrad für jede Musikrichtung
Ein neuer, besonders preiswerter Polypropylen-Tiefmitteltöner veranlasste uns zur Entwicklung neuer Regal- und Standboxen für jede Musikrichtung. So können Selbstbau-Neulinge oder -Aufsteiger mit schmalem Geldbeutel eine Extraportion guten Klang genießen.
Entwicklung
Was gestern Stand der Technik war, ist heute überholt, soll uns die Werbung glauben machen, auch in der Welt der Lautsprecher. Ständig werden neue Materialien und Fertigungstechniken erfunden. Doch manchmal führen auch bewährte Konzepte zum Erfolg, besonders wenn man sie ein wenig modifiziert: So kann es uns ganz gelegen, als uns ein paar Musterchassis mit durchsichtigen Polypropylenmenbranen erreichten, die wir nach einigen kleinen Änderungen im Chassisaufbau in Serie gingen ließen. Kaum waren sie dar, haben wir flugs einen Bauvorschlag mit den Neulingen. erarbeitet - eigentlich sind es sogar zwei, lassen Sie sich überraschen.
Elip 1 Gehäuse
Bei der Gehäusedimensionierung sind Simulationsprogramme Gold wert, solange man sie in Bezug auf die Genauigkeit des Ergebnisses einschätzen kann. So ließen wir uns bei der Gehäuseberechnung auch diesmal wieder vom noch auf DOS laufenden LspCAD unterstützen, die gleichen Ergebnisse liefert auch Audiocad mit Windows. Natürlich macht es keinen Sinn, eine Box stumpf nach Simulation aufzubauen, sondern sollte sich immer seine Gedanken dazu machen. Die Thiele-Small-Parameter des brandneuen Gradient GDS 182 sprachen für eine Bassreflexabstimmung.
Das Simmulationsprogramm LspCAD ermittelte 20 Liter Nettovolumen für den Gradient-Tieftöner, also recht viel für eine kleine Kompaktbox. Da wir fast zeitgleich mit den Bässen Musterfertiggehäuse mit 14 Litern netto erhielten, gaben wir dem kleineren Volumen eine Chance, zumal die Gehäuse schön glanzlackiert und abgerundet bei uns eintrafen. Mittig haben die Gehäuse sogar einen Versteifungsrahmen. So haben wir vorne in die Frontwand schnell die Chassisausschnitte hinten in die Rückwand ein Loch für das Bassreflexrohr BR 50 gefräst.
Wer denn nicht auf das fertige Gehäuse zurückgreifen möchte, für den gibt es hier natürlich den Gehäusebauplan:
Eine der wichtigsten Grundregeln ist, dass der Bass in einer kleineren Kammer mehr Bassdruck erzeugt, aber weniger tief hinabreicht und auch mit weniger Sauberkeit zu Werke geht (resultierender Q-Faktor). Ebenso wichtig ist die Anpassung des Reflexrohres, um den Frequenzgang zu linearisieren und eventuelle Überhöhungen zu glätten. Auch durch die Menge und die Platzierung des Dämmaterials lässt sich die Basswiedergabe beeinflussen, denn akustisch vergrößert die Wolle das Innenvolumen des Gehäuses, statt es zu verkleinern. Das lässt sich sogar in der Impedanzkurve ablesen: mehr Dämmstoff verschiebt die typischen Reflexhöcker nach unten.
Also berücksichtigten wir diese Zusammenhänge und gaben uns an die Reflexabstimmung: Bei voller Länge des Rohres und ganz viel Sonofil lag die Abstimmfrequenz bei erfreulich niedrigen 40 Hz. Das war unser Ziel, also ging es auch mit 14 statt mit 20 Litern Innenvolumen.
Die Endmontage ging so schnell, dass wir glatt vergessen haben, ein Foto der noch unbestückten Box zu machen. Also muss das Foto ohne die Ausschnitte genügen, es ist ja nur ein einfach aufzubauendes eckiges Gehäuse ohne besondere Anforderungen an die Heimwerkerfähigkeiten.
Nun brauchte das Kind nur noch einen Namen und wurde auf Elip 1 getauft.
Elip 2 Gehäuse
Nun schwebte uns noch ein eine Standbox mit doppelter Tieftonbestückung vor, die wir naheliegenderweise Elip 2 nannten. Für die Standbox interpretierten wir die Software-Simulation in die andere Richtung neu und zielten auf eine möglichst tiefe und saubere Basswiedergabe. Also entwarfen wir ein Bassreflexgehäuse mit rund 50 Litern Nettovolumen anstelle der berechneten 2 x 20, also 40 Liter. Das hat zwar einen theoretischen leichten Verlust im Bassdruck zur Folge, der sich jedoch durch die größere Membranfläche und die bodennahe Bassreflexöffnung relativiert. Vorteil ist in jedem Fall, dass die Standbox gegenüber der Kompaktbox einige Herz tiefer hinabreicht.
So gelang uns der Aufbau schmucker schlanker Standboxen mit einer Anordnung der Chassis im D'Appolito-Design. Eine schlanke Standbox wirkt immer eleganter als eine vergleichweise klobige Regalbox mit zwei Tiefmitteltönern und durch den schlanken Aufbau landete der Hochtöner genau in Ohrhöhe vor der Box sitzender Musikhörer.
Bei 120 cm Höhe und 19,8 cm Breite musste das Gehäuse 30cm tief werden. Angesichts dieser Standardmaße konnten wir auf die preiswerten, folierten Möbelbauplatten von Hornbach zurückgreifen, die wir schon mehrfach für den Boxenbau eingesetzt haben.
Also besorgten wir vier Bretter mit 120 x 30 cm für die Seiten, zwei mit 120 x 40 cm für die Fronten und Rückwände und eine mit 120 x 20 cm für die Deckel und Böden.
Die großen Platten und die kleine Platte zerschnitten wir längs in Streifen mit 16,6 cm Breite, so passten sie perfekt für unser Gehäuse. Dabei achteten wir darauf, die furnierten Kanten an den unsichtbaren Stellen abzusägen, damit später der Leim hält. Die Fotos des Zusammenbaus zeigen anschaulich, warum die Box 19,8 cm und nicht etwa 20 cm breit ist: Die Innenbreite von 16,6 cm ermöglicht eine Art Versenken der Chassis durch das zurücksetzen der Frontwand. Der (ab Werk) angeschnittene Korb der GDS 182 endet dann genau an der Schnittkante.
Chassis
Der Gradient GDS 182 besitzt bereits einen Lautsprecherkorb modernster Bauart mit schmalen Stegen und somit optimiertem Luftdurchsatz hinter der Membran, damit sich keine Kompressionserscheinungen ergeben. So ganz nebenbei ist das Chassis auf diese Weise auch optisch gut gelungen.
Etwas ungewöhnlich und damit auffällig sind heutzutage durchsichtige Polypropylenmembranen, früher kannte man sie oft aus billigem Plastik. Normalerweise wird der Kunststoff durch die Beimischung von Graphit geschwärzt, bei transparentem Polypropylen müssen Stabilisatoren beigemischt werden, damit sich keine Farbveränderungen infolge des Alterungsprozesses ergeben.
Bedingt durch die hohe innere Dämpfung, Steifigkeit und Härte ist Polypropylen ein interessantes Membranmaterial, welches zudem noch durch organische Zusätze den Anforderungen angepasst werden kann. Beliebt ist es insbesondere für Mittel- und Tieftöner. Ein weiterer Vorteil ist die gute produktionstechnische Reproduzierbarkeit der Eigenschaften in der Fertigung.
Im Gegensatz zu Membranen aus härteren Materialien entwickeln Polypropylenmenbranen kaum Resonanzspitzen bei höheren Frequenzen des Übertragungsbereiches, die sich bei Hartmembranen oft als scheinbar übertriebene Detaildarstellung äußern, aber schnell als lästige Tendenz im Klangbild erweisen. Polypropylen wird im Gegensatz dazu eine ruhigere Gangart zugeschrieben, die lange Hörsessions entspannter genießen lassen und dennoch weit von Langeweile entfernt ist.
Mit Fres = 37 Hz, Qts = 0,37 und Vas = 30 Liter eignen sich die Thiele-Small-Parameter des GDS 182 für nahezu jede Gehäusebauart von der geschlossenen Box über Bandpasskonstruktionen bis zur Bassreflexbox. Mit nur 34 Euro pro Stück sind sie auch für schmalere Geldbeutel eine Empfehlung, da sie eine ganze Menge dafür bieten.
Der Polypropylen-Tiefmitteltöner brauchte natürlich einen passenden Hochtöner. Bei der Auswahl half die Erfahrung vergangener Jahre bei der Kombination von Polypropylen-Chassis mit geeitneten Hochtönern. So entschieden wir uns für den Seas NoFerro 900, den ersten durch unser maßgebliches Zutun wieder entdeckten, ferrofluidfreien Hochtöner von Seas. Außer der Eigenresonanz, die jedes schwingende System hat, weist die innen beschichtete Seidenkalotte keine Impedanzspitzen auf, die ein zu hartes Membranmaterial entlarven würden.
Frequenzweiche Elip 2
Der Frequenzgang der beiden eingebauten und in Parallelschaltung betriebenen GDS 182 zeigt ein gutmütiges Verhalten bei hohen Frequenzen. Der durch die zunehmende Bündelung bedingte stetige
Frequenzen. Der durch die zunehmende Bündelung bedingte stetige Pegelanstieg bei Messung auf Achse endet in einem kleinen Peak um 5 kHz. Darüber fällt die Kurve gleichmäßig steil ab. Dieses gutmütige Verhalten ist für Polypropylen typisch. So gelingt der lineare Weichenaufbau für den Basszweig (Bassweiche rot) mit nur wenigen Bauteilen, einem Audyn-Pilzkern und einem glatten Elko.
Die Weiche für den Hochtöner bietet eine Herausforderung, für das der Tweeter selbst nichts kann: Durch die schmale Front entsteht ein Einbruch um 2,5 kHz, welche die Weichenabstimmung erschwert (Hochtonweiche rot). Also setzen wir ein steilflankiges Filter dritter Ordnung ein, bestehend aus zwei Audyn-Q4 Folienkondensatoren und einer parallel zum Hochtöner liegenden Luftspule mit 0,71 mm Drahtstärke (blau).
Der Pegel muss nicht abgesenkt werden, solange man die Boxen parallel zu den Zimmerwänden aufstellt. Für die perfekte Addition der Zweige müssen Tiefmittel- und Hochtöner aufgrund der unterschiedlichen Flankensteilheiten der Weichennetzwerke gegeneinander verpolt betrieben werden.
Der hohe Wirkungsgrad von 90 dB bei durchgängig geradem Freqenzgang prädestiniert die Elip 2 zum Einsatz an Röhrenverstärkern, also haben wir für diesen Einsatzzweck auch eine Impedanzkorrektur ergänzt. Sie macht die Elip 2 Röhren-tauglich, ohne einen Transitor-Amp zu stören.
Die Frequenzweiche wird am Besten auf dem unteren Versteifungsbrett der Rückwand befestigt. Was das Dämmaterial angeht, so reichen vier Beutel Sonofil in gleichmäßig lockerer Verteilung, bei der Elip 2 reicht ein gegenüber der Elip 1 sparsamerer Einsatz aufgrund des auch in Relation zur Anzahl der Chassis größeren Innenvolumens. Bei der Elip 2 kommt das Bassreflexrohr HP 70 in voller Länge zum Einsatz.
Frequenzweiche Elip 1
Ähnlich wie in der Elip 2 verhielt sich auch der Bass in der Elip 1 (Bassweiche, rot). Seinen Pegel begrenzt ein Filter aus Rollenkernspule HQ 40, glattem Elko und nachgeschaltetem Widerstand. Die Mittellagen beließen wir etwas lauter, damit es bei wandnaher Aufstellung nicht zu einer Bassüberhöhung kommt. (Bassweiche, blau).
Dem Hochtöner (Hochtonweiche, rot) reichte ebenfalls eine Trennung zweiter Ordnung, deren Flanke wir durch die Wahl der Widerstände des Pegelreglers ein wenig beeinflussten (Hochtonweiche, blau)
Anders als bei der Elip 2 werden die Chassis gleichphasig angeschlossen. So ergibt sich die Addition der Zweige zur Summenkurve bei einer Trennfrequenz von 2,5 kHz.
Klang
Zielgruppengerecht testeten wir die Elip 1 und Elip 2 auch mit aktueller Musik aus den Charts, aber eben auch mit Jazz, Blues und Rock der 60er und 70er Jahre. Beim ersten Titel, der im Hörraum vom Überbleibsel einer ehemals angesagten Girl-Band "gesungen" wurde, blieb akustisch nur eine verklebte Stimme, die in klumpigem Bassgewummer und unpräzisem Hochtonzirbeln unterging. Es blieb uns also die Hoffnung, dass die Dame besser aussieht, als sie singt, um im Showgeschäft zu bestehen und dass die Lautsprecher anderes Musikmaterial zu mehr Leben erwecken können.
Entscheidend für die Klangbeurteilung von Lautsprecherboxen ist immer das eigene Empfinden, weshalb es nie verkehrt ist, sich Lautsprecher vor dem Kauf einmal anzuhören. Da der Reiseaufwand gerade bei solch preiswerten Bausätzen jedoch unverhältnismäßig hoch ist und die Gehäuse ja auch einfach aufzubauen sind, werden viele Leser unsere Klangbeschreibung begrüßen, auch wenn diese nie ganz objektiv sein kann - wir haben ja schließlich Spaß an der Musik und würden Lautsprecher, die uns nicht gefallen, einfach anders abstimmen. Sie sollen ja schließlich auch Ihnen gefallen und den bestmöglichen Klang in ihrer Preisklasse bieten.
Bis auf die Basswiedergabe klingen die ungleichen Brüder trotz unterschiedlicher Weichenbeschaltung sehr ähnlich und der Bass wurde ja für unterschiedliche Aufstellungsorte konzipiert. Somit beschreiben wir den Klang nur für die Elip 2, in einem kleineren Raum klingt die Elip 1 entsprechend gleich. Vor dem Klangtest muss man sich natürlich über die Aufstellung, die Elektronik-Kette und die Musik Gedanken machen. So stellten wir die Elip 1 bestimmungsgemäß wandnah auf und die Elip 2 zwei etwas weiter im Raum.
Als nächstes sang Duffy mit gut abgesetzer Stimme vor vielen deutlich zuortbaren Instrumenten. "Mercy" war auch unserer Gedanke nach dem vorher ertragenen. Ein gleichsam tiefer, trockener und druckvoller Bass sowie eine wunderbare Hochtonauflösung ergänzten die souveräne Wiedergabe der Mittellagen genauso wie die tue Bühnendarstellung, die sogar die Hintergrundsänger akustisch in ebensochem beließ und sie nicht virtuell neben die Vokalisten stellte.
Sehr gefiel auch Yael Naim's "New Soul" mit einer Tuba als Bassinstrument, die ihre typischen, leicht knurrigen Anblasgeräusche nicht unterschlug. Etwas rockiger ging es anschließend zu mit Coldplay's "Violet Hill". Auch hier gefiel die tief gestaffelte Bühne, eine gute Ortbarkeit und die gute Dynamik ohne nervende Hochtonbetonung. Zu guter Letzt stellten wir die Neukonstrutkionen mit Paul Potts "Nessun Dorma" auf die Probe. Eindrucksvoll, wie man dem begnadeten Sänger quasi exakt auf den Mund schauen konnte.
Nach dieser bereits ausführlichen Hörprobe kamen wir nicht umhin, die beiden Elip Varianten mit einem Röhrenverstärker anzutesten und schlossen den Destiny KT 88 an die Preiswert-Boxen an und kredenzten auf diese Art ein gutes altes Stück Rockgeschichte, die wahrscheinlich selten genug beachtet wird: Neil Young durfte nun mit "Rust never sleeps" zeigen, was ein Röhrenverstärker daraus macht. "Hey Hey, My My" Wuchtig, gewaltig, mit wunderschön verzerrter Gitarre und trotzdem unangestrengt boten die Elips dieses fast vergessene Stück Musikgeschichte wohlfeil dar. Rock'n'Roll can never die!
Fazit
Eigentlich wollten wir einfach nur preiswerte Boxen mit den neuen durchsichtigen Gradient Polypropylen-Tiefmitteltönern konstruieren. Dabei erpuppten sie sich besser, als gedacht und laufen mit der eingesetzten ferrofluidlosen Seas Hochtonkalotte gleich in zwei Gehäuseformaten zur Höchstform auf. Herausgekommen sind wirklich gute und einfach aufzubauende Aufsteiger-Lautsprecher für jede Musikrichtung, die nicht einmal besondere Anforderungen an die Verstärkerleistung stellen.