SB 417
Lautsprecherbausatz SB 417 – Zweieinhalbwege-Standbox für die Stereowiedergabe
Nachdem es die SB 36 und die SB 240 gibt, stellt sich die Frage, wozu es einer weiteren bassgewaltigen Variante der ursprünglichen Zweiwegebox SB 18 bedarf. Die SB 417 mit vier 17 cm Chassis haben wir einmal nicht für das Heimkino im Sinne der restlichen Familie entworfen, sondern autark versucht, das Bestmögliche für die Stereowiedergabe aus dieser Konstruktion herauszukitzeln.
Entwicklung
Die Anregung, eine SB 417 zu entwickeln, erhielten wir bei Vorstellung einer 4-Ohm-Variante des in der SB 18 verwendeten Tiefmitteltöners: für den neuen SB 17 RNXC-4 gab es innerhalb der bestehenden Heimkino-Familie keine Verwendung, da die meisten neueren AV-Receiver mit ihren schwachen Netzteilen lieber 8-Ohm-Lautsprecher betreiben. Also konzentrierten wir uns diesmal auf die gute alte Stereo-Zeit ohne Rücksicht auf die Heimkino-Kompatibilität gemeinsam mit den anderen Familienmitgliedern.Gehäuse
Da wir keine SB 18 mit vier Ohm erfinden wollten und es eine SB 36 schon gab, folgte als logische Konsequenz eine Konstruktion mit 4 Tieftönern pro Seite. Bei 15 Litern pro Basschassis ergibt das eine Säule mit etwa 60 Litern und 120 cm Bauhöhe, wenn die Chassis ordentlich über die Front verteilt werden sollen. Die Gehäusetiefe der SB 417 ergab bei 19 cm Innenmaß für die Schallwand 30 cm Nettotiefe.Da alle Tieftöner auf das gleiche Volumen arbeiten sollten, reichte ein Reflexkanal mit 4.2 cm Höhe und 19 cm Tiefe über die gesamte Gehäusebreite am unteren Gehäuserand. Drei Versteifungen stabilisieren die Wände. 114,30 Euro kostete das schwarz durchgefärbte MDF samt Zuschnitt und Fugenleim im Baumarkt. Vier Beutel Sonofil füllten den Innenraum, die untersten 10 cm blieben frei.
Verschönert wurden die Kisten mittels Schattenfuge, die mit einem speziellen Bündigfräser in wenigen Minuten gefräst wurden - der kleine durch verwackeln entstandene Schnitzer machte im Nachhinein mehr Arbeit durch das Ausbessern mit Reparaturwachs, als eine ruhige, sorgfältige Arbeitsweise und ein aufgeräumter Arbeitsplatz mit ausreichender Armfreiheit verursacht hätten ...
Chassis
Der markante Korb mit den schmalen Stegen und dem hochgezogenen Kragen lässt sofort erkennen, zu welcher Lautsprecherfamilie der SB17 NRXC-4 gehört. Er besitzt schlichtweg die gleichen Gene, wie die 8 Ohm-Variante, wie sollte es auch anders sein. So schimmert auch hier die glatte Pappmembran in Grauschwarz und die gleichfarbige Staubschutzkalotte ist ähnlich hochgewölbt.
Die dicke Lippe, sprich Gummisicke, lässt einen großen Membranhub erkennen und die dank hochliegender Zentrierspinne und großer Löcher gut hinterlüftete Schwingspule mich ihrer 16mm hohen kupferbeschichteten Aluminiumwicklung auf einem Glasfaserträger lässt eine immense Belastbarkeit vermuten. Ihr Durchmesser beträgt immense 45,5 mm. Der Magnet mit seinen riesigen 10 cm Durchmesser ist mit einer großen Polkernbohrung versehen. Aus der 16 mm-Wicklung und dem 5 mm hohen Luftspalt ergibt sich rechnerisch ein linearer Hub von 11 mm. Ein Kupferring auf dem Polkern sorgt für geringe Induktivität und reduziert wirksam den Klirrgrad.
Tiefmitteltöner können nicht allein musizieren, nur Breitbänder, also braucht der SB17 NRXC-4 eine adäquate Unterstützung im Hochtonbereich. Wir haben den SB 26 STAC-4 ausgewählt, der mit dem SB18-Hochtöner bis auf die Alufront praktisch identisch ist und bisher noch nicht verwendet wurde.
Gegenüber dem "A"-Modell ist er durch die Metallfront gut 10 Euro teurer. Der preiswertere Bruder bietet zwar eine gleiche Performance, ist aber durch die Beliebtheit der SB 18/ SB 36/ SB 240 ständig ausverkauft und wird auch in der Blues Box eingesetzt. So sind wir unserer Maxime, bei gleicher Klangqualität immer das preiswertere Produkt, diesmal aus gutem Grund untreu geworden. Wozu soll die Edelversion dieses Hochtöners in unserem Lager verstauben? In einer edlen HiFi-Standbox macht es sich allemal gut.
Weiche
Vier 4 Ohm-Chassis können weder alle parallel, noch alle in Reihe geschaltet werden. Der erste Fall ergäbe mit 1 Ohm ein Fall für die hoffentlich vorhandene Verstärkerschutzschaltung, welche den starken Strömen Einhalt gebietet, der zweite würde mit 16 Ohm zu wenig Leistung von der Endstufe abrufen. Besser ist es, durch kombinierte Reihen/Parallelschaltung wieder einen Nennscheinwiderstand von 4 Ohm zu erhalten.Dabei gibt es zwei Varianten: zum einen können jeweils zwei Lautsprecher parallel und dann hintereinander geschaltet werden, oder sie werden jeweils erst in Reihe verkuppelt und dann paarweise parallel angeschlossen. Die erste Version eignet sich als Schaltung, wenn alle Chassis die gleiche Arbeit verrichten sollen, die zweite Verschaltungsart ist erforderlich, wenn zwei der Chassis einen anderen Frequenzbereich abdecken sollen, so wie in unsrem Fall, denn sonst könnten wir nur alle vier Chassis gemeinsam bis etwa 400 Hz betreiben und bräuchten einen zusätzlichen Mitteltöner.
Um allen vier SB 17-4 den Tieftonbereich, zweien dabei aber zusätzlich den Mitteltonpart zuzuweisen, müssen jeweils die unteren beiden und oberen beiden Chassis einen gemeinsamen Weichenzweig erhalten, was der zweitgenannten Variante entspricht. Auf diese Weise entsteht wie bei der SB 36 eine Zweieinhalb-Wegebox, bei der die Tieftöner mittels einer Spule ausgekoppelt werden. Ihren positiven Einfluss auf das Zusammenspiel mit den beiden anderen Bässen zeigt die rote Kurve im Vergleich zur grünen. Bei der grünen Kurve sind noch keine Bauteile eingefügt, was zu starken Einbrüchen bei 1,8 und 3,6 kHz führt - bei der Roten Kurve sind diese beiden Senken begradigt. Die unterschiedlichen Abstände der Chassis zum Mikrofon führen bei der grünen Kurve zu unpassenden Phasenbeziehungen.
Es war ohnehin schwierig, die SB 417 in einem kleinen Raum mit 4 x 4 x 4 m zu messen, da der übliche Mikrofonabstand zum Messen weniger Chassis, aber nicht mehr bei 5 Schallquellen passt, die über mehr als einen Meter Höhe verteilt sind. So erklären sich die Frequenzgangwelligkeiten insbesondere in den Winkeldiagrammen
Für die oberen Tiefmitteltöner entstand - wie angekündigt ohne jede Rücksicht auf die anderen Familienmitglieder der SB-Familie - ein Filter dritter Ordnung, das die blauen Kurve hervorbrachte, mit einem ebenfalls welligen Hochtonbereich. Sein 12dB-Filter erzeugte die grüne Kurve im Zweigdiagramm. Die resultierende Summenkurve verrät die handwerklich saubere Trennung der fünf beteiligten Chassis in quasi D'Appolito-Anordung des Hochtöners zwischen den oberen beiden Tiefmitteltönern, die ja als einzige den Mitteltonbereich abstrahlen.
Da eine ausschließlich für das Musikhören mit einer Stereoanlage konzipierte Box mit dem recht hohen Wirkungsgrad von 90 dB/ 1 m/ 2,83 V auch unter den Betreibern einer Röhrenendstufe ihre Fans findet, war - obwohl die Spitze in der Trennfrequenz gerade nur bei 9 Ohm liegt - die Dimensionierung einer zusätzlichen Impedanzkorrektur in diesem Falle eine Pflichtübung, der wir ja bei den allermeisten Bausatzvorschlägen nachkommen.
Im Schaltplan ist sie gestrichelt eingezeichnet, da sie ausschließlich zusammen mit Röhrenverstärkern benutzt werden soll. Im Gegensatz zu einigen anderen Bauvorschlägen der SB-Familie sind in diesem Fall alle Chassis gleichphasig angeschlossen, was auch aus dem Plan ersichtlich ist.
Messungen
An diese Textposition passen die üblichen Messdiagramme. Für die SB 417 haben wir das wieder einmal das altbewährte ATB eingesetzt. Die Klirrfaktormessungen, die Sprungantwort und das Wasserfalldiagramm sehen dort einfach schöner aus, auch wenn es sich nur um die Darstellung des gleichen Sachverhalts handelt.Auch wenn jetzt dem ein oder anderen Nachbauwilligen der Kopf schwirrt: Bitte machen Sie keine Fehler bei den Parallel- und Reihenschaltungen! Zur Verdeutlichung haben wir noch ein zusätzliches Foto gemacht.
Den Bestückungsplan, der dem Bausatz beiliegt, sollte man unbedingt beachten, denn er erklärt welches Kabel von der Frequenzweiche wo angeschlossen werden muss.
Klang
Für das Hören gilt, dass für das Verständnis der Beschreibung der gleiche Hintergrund vorhanden sein muss. Schreiben wir von einem konturierten Bass mit guter Durchzeichnung, heißt das noch lange nicht, dass genau bei Ihnen ankommt, was wir damit meinen. Erst wenn wir die entsprechenden Lautsprecher gemeinsam angehört haben, ist ein Maßstab vorhanden - sehen wir einmal davon ab, dass dann auch noch jeder Zuhörer das gehörte subjektiv bewertet bzw. einordnet. Somit können euphorische Klangbeschreibungen und aufgereihter Superlative bestenfalls auf die beschriebenen Lautsprecherboxen neugierig machen und den Wunsch erwecken, diese selbst hören bzw. nachbauen zu wollen. Ob dann Enttäuschung oder Begeisterung entsteht, hängt also von vielen Faktoren ab. Im Zweifelsfalle lohnt sich eine Fahrt nach Kerpen zum ausführlichen Probehören. Nach dieser kleinen Warnung als Einleitung können wir nun unserer Begeisterung über diese Lautsprecher freien Lauf lassen.
Die SB 417 ist als Stereo-Boxenpärchen entstanden, deshalb ist die mögliche Verstärkerauswahl nahezu unbegrenzt. Röhren oder Transistoren, Class A, B oder C, jeder hat da seine Präferenzen, wichtig ist nur, dass die Endstufe insgesamt taugt und auch genügend Leistung zur Verfügung stellt. Wir setzten für den Klangtest einen Destiny Experience mit KT 88 und ordentlichem Preis/Leistungs-Verhältnis ein, also angeschlossen, eingeschaltet und Film, nein, Musik ab - es ist ja eben keine Heimkinobox.
Ein wenig Gitarrengeklimper lag noch auf dem Plattenteller, und da es gerade Freitagnacht war, lohnte eine musikalische Reise nach San Francisco. Atemberaubend, in welchem Tempo Paco deLucia und Al di Meola die Saiten anrissen, als sie den "Mediterranian Sundance" in 3D in den Hörraum projizierten. Die gefühlt fünfhunderttausend Anrisse der einzelnen Gitarrensaiten gab die SB 417 mit unglaublicher Dynamik wieder. Im Jahr 1981, dem Zeitpunkt der Aufnahme, wurde glücklicherweise noch nicht jedwede Musik komprimiert aufgezeichnet.
Nun, für leicht mittellastige Musik ist also hervorragend geeignet - und wie sieht es mit druckvollen Bässen aus? Diesen Part übernahm bereitwillig Keith Emerson, der auf "Emerson, Lake und Palmer" die Orgel der Royal Festival Hall für seinen mit vielen Klassik- und Jazzelementen gespickten progressiven Rock eindrücklich einsetzte. Es zeigte sich deutlich, dass es eine gute Idee ist, die rund 500 cm² Membranfläche eines 30cm-Tieftöners auf vier übereinander aufgereihte kleinere Chassis zu verteilen. Die 417 spielt selbst druckvollste Bässe mit einer ungeheuren Schnelligkeit und der imposante Schlussakkord ließ den Raum durch die bewegte Luftmassen förmlich erbeben.
Da wir ja mit der vorigen Scheibe quasi schon im Klassikgenre bewegten, nur eben mit anderem musikalischen Handwerkszeug, wurde es nun Zeit für richtige klassische Musik. Wir entschieden uns für Mahler, dessen 3. Symphonie vor 25 Jahren vom Frankfurter Radio-Symphonie-Orchester mit Eliahu Inbal am Pult eingespielt wurde. Die SB 417 ließ gar nicht erst Zweifel an ihrer Klassiktauglichkeit aufkommen: Blech schepperte, die Kesselpauke attackierte den Bauch, Raum und Ortbarkeit der Instrumente passten perfekt. Und selbst die Streicher spielten ohne jede Kratzigkeit, als Ravels Sonate für Violine und Cello ertönte. Dies ist zweifellos dem mit seinen 40 Euro als überaus günstig zu bezeichnenden Hochtöner zu verdanken, der so manch teureren Mitbewerber auf die hinteren Plätze verweist.
Fazit
Unterm Strich überzeugte das Konzept mit den vier SB 17-4 vollends. Die SB 417 fügt sich qualitativ nahtlos in die SB-Acoustics-Boxenfamilie ein. Sie ist eine ganze Spur (ein)druck(s)voller als die SB 36, reicht aufgrund ihrer Bestückung nicht ganz so tief wie die SB 240 und füllt sowohl klanglich, als auch optisch die Lücke zwischen diesen beiden aus, ohne nur ein Abklatsch dieser beiden Konstruktionen zu sein, denn diesmal lag der Fokus ja auf der Stereowiedergabe.Leider sind noch keine Bewertungen vorhanden. Seien Sie der Erste, der das Produkt bewertet.
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